StartAktuellPoetry Slam der Q1 mit beeindruckenden Ergebnissen

Poetry Slam der Q1 mit beeindruckenden Ergebnissen

Am 27.06. fand am MCG der erste Schul-Poetry-Slam der Jahrgangsstufe Q1 statt. Die Schülerinnen und Schüler der Q1 hatten dabei vorher in ihren Deutschkursen das Format eines „Poetry-Slams“ kennengelernt. Dabei geht es darum, dass literarische Texte von ihren Verfassern vorgetragen werden, die dann vom anwesenden Publikum zunächst herzlich gewürdigt und im zweiten Schritt bepunktet werden. Dabei geht es vor allem darum, inwiefern ein Text sowohl von der äußeren Form her zu überzeugen weiß und inwiefern das Thema inhaltlich so aufgearbeitet war, dass es die Zuhörer auf eine bestimmte Weise erreicht.

Jeder Kurs hatte also jeweils zwei Kurssieger zum vorgegebenen Thema „Ich und die Anderen“ ermittelt, die dann wiederum am 27.06. zum Schulentscheid antraten. Dabei waren acht Kartensets von 1 bis 10 Punkten unter den Zuschauern verteilt worden, die dann zu jedem Vortrag ihre Punkte abgeben konnten.

In der ersten Runde, souverän moderiert durch Caya und Benedikt, traten miteinander an und präsentierten ihre Texte: Tobias, Lara, Joyce, Melissa, Ela, Namia, Charlotte und Saskia. Als Siegerinnen dieser ersten Runde wurden Joyce, Lara, Namia und Saskia vom Publikum gekürt. In einer zweiten Runde, von Niklas und Dawoud unterhaltsam moderiert, mussten die vier Nominierten dann in 10 Minuten einen kurzen „poetischen“ Text zu den sechs vorgegebenen Begriffen Handy, Bistro, Schock, Freude, Notfall und Gewühl schreiben.

In dieser Zeit losten Niklas und Dawoud aus sich freiwillig gemeldeten Nachwuchspoeten, die ihre Texte ebenfalls gerne vortragen wollten, weitere Vortragende aus. Hier konnten noch Maja, Tim, Jakob, Linda, Ricarda, Clara und Nilda ebenfalls ihre Texte präsentieren.

Alle vorgetragenen Texte waren ausnahmslos der Beweis dafür, dass das vielbeschworene Fremdeln von Schülerinnen und Schülern gegenüber poetischen Texten – oder sagen wir es doch ruhig: Gedichten – nicht grundsätzlich an einer Abneigung gegen diese literarische Form liegt. Mich haben alle Texte, in denen sich die Beteiligten mit dem Verhältnis ihrer eigenen Persönlichkeit zu „den“ Anderen auseinandergesetzt haben, sehr berührt und auch von der sprachlich-formalen Gestaltung her sehr überzeugt.

Am Ende wurde der Text von Joyce als bester Spontan-Text ausgezeichnet, gefolgt von Lara, Namia und Saskia. Die anschließende Siegerehrung wurde von Pia moderiert, die es verstand, die Spannung auf die Sieger aufs Äußerste hinauszuzögern. Die ersten drei Plätze erhielten als Preise Gutscheine für das Bistro in Höhe von 5 bis 15 Euro.

Noch mal ganz herzlichen Glückwunsch an die Gewinner und ein ganz herzliches Dankeschön an die vielen Nachwuchspoeten, die ihre Texte freiwillig vorgetragen haben – das war ein beeindruckendes Erlebnis!

Bei Interesse können Sie die Texte zwar nicht live erleben, aber hier immerhin nachlesen:

[HO]

 

Joyce

Ich und die Anderen

Ich bin ich und die Anderen die Anderen. Aber wer bin ich? Und was unterscheidet mich von den Anderen? Eine Reise durch meine Gedanken.

Ich, ein schwarzes Mädchen geboren in Deutschland.
Die Welt um mich, hellhäutig, farbige Augen, ich immer noch „die Schwarze“. Aufgewachsen, wo Migrationshintergrund die Gemeinsamkeit war, aber Hautfarbe der Unterschied.

Ich und die Anderen – was unterscheidet uns wirklich?

Nie so richtig mit rassistischen Übergriffen konfrontiert, doch die Geschichte der anderen, schwarze Mädchen wie ich, prägen meine Gedanken. Manchmal wandle ich auf Eierschalen, unsichtbar und still, versuche, nicht aufzufallen, in der Angst, verurteilt zu werden, nicht verstanden zu werden.

Ich und die Anderen – warum fühle ich mich oft allein?

In mir wohnt die Sensibilität, ein tiefes Empfinden, das andere vielleicht nicht teilen, eine leise Angst, die nach Stillsein lässt. Nicht weil ich introvertiert bin, nein, ich bin extrovertiert, sozial, viele „Bekanntschaften“ nenne ich sie gerne.

Ich und die Anderen – wer bin ich wirklich?

Mein Aussehen – ein weiteres Etikett, nicht wirklich eine große Sache in meinem Umfeld, doch die Blicke, die seltenen dummen Kommentare von Fremden, manchmal denke ich, dünn zu sein wäre die Lösung. Meine Freunde lieben mich wie ich bin, sagen mir oft, ich sei schön, doch in meiner Realität? Unmöglich.

Ich und die Anderen – warum kann ich mich nicht lieben?

Tief in mir, die Unsicherheit wächst, ein Schauspiel des Selbstbewusstseins, das ich täglich aufführe, Self-Love predigend, doch im Spiegel mein schlimmster Kritiker. Aber egal, ich schieb’s auf Papa, seine Abwesenheit, irgendwie schon ein Loch in meinem Herzen, auch wenn ich nicht gerne drüber rede. Der Erzeuger, der kommt und geht, mich zurücklässt mit Fragen: Bin ich nicht gut genug? Zu hässlich? Zu anders?

Ich und die Anderen – wie finde ich meinen Wert?

Doch dann sind da meine Freunde, meine Definition von Liebe. Mit ihnen vergesse ich die Welt, die Urteile, mit ihnen bin ich nicht die Andere, sondern einfach ich.

Ich und die Anderen – wir sind alle Menschen, mit unseren eigenen Kämpfen, unseren eigenen Geschichten, und am Ende zählt, wie du liebst, wie du siehst, wie du unterstützt, wie du inspirierst. Nicht nur du, sondern du und die Anderen.


Lara

Der Kampf gegen die Anderen

Die anderen, wer sind sie? Sie sehen anders aus, sprechen anders, verhalten sich anders. Doch sind sie wirklich so anders? Sind sie nicht auch Menschen wie wir?

In der Schule, auf der Straße, überall begegnen wir ihnen. Wir begegnen ihnen mit Misstrauen, mit Ablehnung, manchmal sogar mit Hass. Warum? Weil sie anders sind? Oder weil wir uns selbst unsicher sind?

Es ist ein ständiger Kampf, gegen die anderen, aber auch gegen uns selbst. Ein Kampf um Anerkennung, um Zugehörigkeit, um Identität. Doch was gewinnen wir wirklich dabei?

Wir leben in einer Welt, die immer enger zusammenwächst. Eine Welt, in der Vielfalt zur Normalität wird. Es ist an der Zeit, den Kampf gegen die anderen zu beenden. Es ist an der Zeit, die Vielfalt zu akzeptieren und zu feiern.

Denn am Ende sind wir alle nur Menschen, auf der Suche nach Liebe, Glück und einem Platz in dieser Welt.


Lara

Genug

Das Thema lautet ich und die Anderen. Aber ist dieses „und“ an der Stelle überhaupt richtig? Viele Gedanken schießen mir in den Kopf: Weiß ich überhaupt, wer ich bin? Wer ist mit den anderen gemeint? Jeder? Meine Familie? Meine Freunde? Kann ich sie überhaupt so nennen? Keine Ahnung.

Mein ganzes Leben drehte sich um andere Leute. Von klein auf wollte ich immer dazu gehören. Seien es die neuesten Schuhe, die besten Noten oder einfach nur viele Freunde zu haben. Aber wie soll ich damit umgehen?

Ich weiß es nicht, also mache ich so weiter, ohne darüber nachzudenken. In der Grundschule, auf dem Gymnasium, überall dieser Drang. Du musst sie beeindrucken. Sei ein Teil von ihnen. Hab viele Freunde. Du brauchst das, sonst fehlt dir was. Es fehlt was. Fehlen?

Hm, den Gedanken kenne ich. Und von einem auf den anderen Tag wurde dieses Fehlen zur Realität. Der Druck wurde immer größer und größer, er wurde wie ein Kratzen im Hals, das man nicht einmal durch Schlucken weg bekam. Also versuchte ich es, ich schluckte und schluckte, aber der Schmerz verging nicht. Also begann ich, das zu tun, was die Menschen von mir erwarteten. Ich sagte das, was die Menschen hören wollten, selbst wenn meine Meinung eine ganz andere war. Der Druck machte mich zu einem falschen Menschen.

Ein falscher Mensch. Aber selbst das fiel auf und somit wurde das Fehlen zu einem Alleinsein. Es gab also kein „Wir“ mehr. Wir? Es gab nur noch ein „Ich“, aber wie könnte ich das böse nehmen, ich war doch das Problem. Ich bin das Problem. Das Problem.

Wie könnte man denn auch mit einem Menschen befreundet sein, von dem man nicht weiß, ob er einen jetzt mal mag oder nicht? Also fangen die Gedanken an: Bin ich genug? Wieso bleibt keiner bei mir? Was mache ich falsch? Was kann ich ändern?

Viele Menschen sagen, dass ich genug sei, aber zeigen mir das Gegenteil. Ich weiß, dass ich nicht perfekt bin, ich meine, keiner ist perfekt, aber warum ist jeder genug außer mir? Wie kann jeder einen Wert haben, aber mir wird täglich gezeigt, dass ich keinen habe.

Also sitze ich da, alleine und überdenke, was ich machen kann, und ich sitze da. Alleine. Mir fällt nichts ein, ich überlege und überlege, und auf einmal wird mir klar: Es gibt gar kein Ich. Es gibt nichts, was mich ausmacht. Es gibt nur das, was ich erschaffen habe, um den Anderen zu gefallen, aber nicht mal das hat was gebracht.

Ich war so fokussiert darauf, anderen Menschen zu gefallen und es allen recht zu machen, dass ich mich selber gar nicht kenne. Ich weiß gar nicht, was mir gefällt, was ich gerne mache und wen ich mag. Also fing ich an, mich selber zu suchen. Ich kapsle mich von jedem ab, suche mich, suche Dinge, die mir gefallen und Verhaltensweisen, die mich stören, aber selbst das ist falsch. Ich versuche, meine Fehler zu beheben, aber keiner sieht die Anstrengung. Die Anstrengung, die mir die Luft zum Atmen und die Motivation bis zum letzten bisschen nimmt. Stattdessen werde ich weiter verurteilt.

Aber ich nehme es keinem böse, ich hätte wahrscheinlich genauso reagiert. Trotzdem frage ich mich bis heute, wieso keiner einfach mal gefragt hat warum? Warum habe ich schlecht geredet? Warum wollte ich in der Schule immer Aufmerksamkeit? Warum habe ich jeden runtergemacht? Warum habe ich angefangen, mich abzukapseln?

Fragen über Fragen, aber jeder hat sich lieber dafür entschieden, zu gehen. Was ich auch gemacht hätte. Keine Frage. Und ich verurteile niemanden, der dies getan hat, irgendwann ist die Geduld auch vorbei und mein schlechtes Verhalten überträgt sich auf andere. Trotzdem sind ein paar Leute geblieben. Die sich dafür entschieden haben, zuzuhören und mir geholfen haben, mich zu ändern.

Und genau diese Menschen sind für mich die anderen. Die anderen, die bei mir sind und mich auf Fehler hinweisen und mich dafür nicht verurteilen. Die es mir nicht böse nehmen, wenn ich einfach mal Zeit für mich brauche. Die, die wissen, was bei mir zuhause passiert. Die, die wissen, warum ich unzufrieden bin. Die, die bei mir sind, wenn es mir nicht gut geht. Die, die ganz genau wissen, was sie sagen müssen, damit ich esse oder auch mal lächle. Die auch meine schlechten Seiten kennen und vor allem die, die mir gezeigt haben, dass es okay ist, Fehler zu machen. Die Menschen, für die ich genug bin.


Nilda

Ich und die anderen

Ich und die anderen,
ich und ihr,
Eine Welt voller Chaos,
Tag ein, Tag aus, durch Schulflure hin und her,
11. Klasse, fast am Ende,
Fast am Ende meiner Schulzeit, der Druck steigt,
So viele Fragen und Zweifel,
Die Lehrer sprechen, doch wer hört zu?
Wer kann es verstehen?
Ich und die anderen, ich und ihr,
Jeder sucht seinen Platz, will dazugehören,
Doch welchen Platz habe ich?
Ich und die anderen, ein ständiges Chaos,
Worte wie Waffen, Gedanken, die einen umkreisen,
Jede Rolle vorhanden,
Die Lauten, die Leisen, die stillen Rebellen,
Doch wer bin ich?
Manchmal bin ich laut, stark und mutig,
Manchmal aber auch leise, ruhig und schweigsam,
zerbrechlich, ein Kind.
Nach außen selbstsicher und selbstbewusst,
innerlich noch ein kleines Kind.
Ich und die anderen, ich und meine Freunde,
wir lernen, wir lachen,
wir lieben und erleben tolle Sachen,
Gruppen, Kreise, die sich schließen,
Freundschaften, auch sie sind zerbrechlich, wie ein Glas so leicht.

Ich und die anderen
Ich und die anderen, doch wer sind die anderen?
Wir kennen uns nicht, so fremd und fern,
Gedanken, die keiner kennt außer man selbst,
Geheimnisse teilen, doch was verbirgt sich dahinter?
Ein Funke Wahrheit für einen kurzen Augenblick,
doch schnell wieder Masken.
Aber manchmal sehen wir uns wirklich, ohne Maske,
Ein Moment der Ehrlichkeit.
Ich suche weiter nach dem Ich und Ihr,
Denn eigentlich sind wir alle gleich, suchend und hoffend,
durch Freude und Leid.
Ich und die anderen, am Ende des Tages sind wir ein Teil eines Ganzen,
wir lernen, wir wachsen,
wir fallen und stehen wieder auf.
Ich und die anderen, wir sind nicht allein,
Gemeinsam im Leben.


Saskia

Ich und die anderen

Wer bin ich ohne dich?
Du hast mir mein Funkeln genommen, du hast mich hintergangen und du hast mir sogar mich selbst genommen. Aber jetzt? Jetzt habe ich nur dich und was, wenn du eigentlich schon ich bist? Was, wenn du mein neues Funkeln bist? Wer bin ich, wenn ich dich nicht hab? Eine von vielen? Wer sind diese vielen und würden die mich überhaupt mögen? Ich will doch eigentlich nur ich selber sein, aber du nimmst und nimmst und nimmst und ich bekomme nichts (Pause) oder bekomme ich alles? Wie soll ich besonders sein, wenn ich ohne dich nichts wäre und doch schießt du mich ins Aus.

Hätte ich dich nicht, dann wäre ich mitten im Trubel. Ich wäre jemand, mit dem die anderen Zeit verbringen wollen, der mittendrin am glücklichsten ist und der bei sich selbst zufrieden ist. Aber was, wenn das eigentlich alles nur gelogen ist? Ich meine, ich habe deine Lügen geglaubt, wieso nicht auch meine? Ist das alles nur ein Versuch, dich endlich zum Schweigen zu bringen? Ist da jemand Drittes, der eigentlich viel schlimmer für mich ist als du? Bist du das einzige, was mich noch hält?

Wenn ich dich nicht habe, hab ich nichts? Wenn ich dich nicht habe, habe ich alles! Dann bin ich der Mensch, der ich immer sein wollte. Jemand, der weiß, wer er ist. Jemand, der keine Angst hat vor dem, was er will und jemand, der seine eigenen Grenzen kennt und respektiert. Wenn ich dich nicht habe, habe ich vieles. Dann merke ich richtig, wie schön es ist, ich zu sein, und wie schön es ist, hier zu sein. Ich weiß dann, was ich falsch mache, und kann mich ändern für mich (für dich). Wenn ich dich nicht habe, habe ich mehr. Mehr Spaß, mehr Selbstbewusstsein, mehr Sinn für mich selbst, mehr Zeit. Denn du raubst mir unfassbar viel meiner Zeit. Wenn ich dich nicht habe, habe ich weniger. Weniger Angst (vor mir selbst), weniger Sorgen, weniger Zeit in meinem Kopf … (Pause) … weniger Ahnung von mir selbst. Denn das ist es, was du mir eigentlich gibst. Über all die Jahre habe ich nur herausgefunden, wer du bist, und mich selbst vergessen. Und jetzt habe ich Angst. Ich habe Angst vor dem Menschen, der ich bin, dass ich total langweilig und gewöhnlich bin, dass ich in der Menge untergehe, obwohl Aufblühen alles war, was ich jemals wollte. Wenn ich dich nicht habe, bin ich selber schuld. Hab ich all die verschwendete Zeit mir selbst zu verdanken. Und es ist doch so einfach, es auf dich zu schieben. Eine Stimme in meinem Kopf, die mir zuredet, die mich bis in meine schönsten Träume verfolgt, die ich nicht abschütteln kann. Und ich nenne sie „Du“ und „Dich“, weil ich Angst habe, dass sie eigentlich „Ich“ und „mich“ heißt. Wenn ich realisieren muss, dass es keinen Ausweg gibt, dass mein Schicksal besiegelt ist und eigentlich Ich an allem Schuld bin.

Und dann streichelst du sanft über meinen Kopf und redest mir gut zu und sagst, dass alles wieder gut wird, wenn ich nur tue, was du sagst, dass ich Recht habe und es keinen Ausweg gibt (Pause) außer einen, und den kennst nur du, aber du willst ihn mir natürlich nicht vorenthalten und auf einmal mache ich die Augen auf und alles tut mir weh und ich bereue, auf dich gehört zu haben, ich spüre in mir diese Panik aufsteigen, dass ich diesmal zu weit gegangen bin, dass ich schon wieder nicht widerstehen konnte und dass ich mich jetzt wirklich von mir, von dir, von den anderen verabschieden muss.

Wenn ich dich nicht habe, dann hast du mich auch nicht mehr. Und auch wenn wir mir einreden, dass ich dich brauche, ist es doch eigentlich genau umgekehrt. Wenn du mich nicht hast, dann hast du nichts. Dann bist du nur eine blasse Erinnerung, nur ein komplizierter Text in einem Lehrbuch. Aber ich, ich blühe dann endlich richtig auf. Denn tief in mir drin weiß ich, was gelogen ist und was nicht, und tief in mir drin weiß ich, wer du bist und wer ich. Du machst mir nur Angst. Du terrorisierst mich ununterbrochen und immer, wenn ich denke, ich habe es endlich geschafft, dich zum Einschlafen zu bringen, verwandelst du dich in ein Kind, das eigentlich nur nach seiner Mutter schreit, das es viel schlechter hat als ich, denn ich hab dich, aber du hast mich nicht.


Tobias

Der Kampf gegen die Anderen

Du, ich und „die Anderen“ leben in einem Land, das diverser nicht sein könnte. Dennoch greifen viele zum Hass, zum Extremismus, zum Ressentiment.

Haben wir aus den scharlachroten Flüssen, die einst die Straßen entlang flossen, denn nichts gelernt? Oder haben wir es einfach vergessen? Warum wird unterschieden zwischen „uns“ und „denen“ und warum wird es nicht als ein „wir“ wahrgenommen?

Muss man als Migrant hinterfragen, wem man noch trauen kann, gibt es dem kein Entkommen?

Diese und noch viele weitere Gedanken schwirren um mich herum, wie kleine, lästige Insekten.

Doch ebenso wie Insekten, haben sie ihre Daseinsberechtigung und sind von außerordentlicher Wichtigkeit. Besonders in Zeiten, in denen eine Weidel oder ein Höcke auf große Resonanz stößt. Zeiten, in denen der politische Konsens bricht. Und Zeiten, in denen man sich einsam und verlassen fühlt. Hass hingegen hat keinerlei Daseinsberechtigung. Aussagen, wie:

„Ich bin kein Rassist, aber … “ oder
„Ich bin nicht homophob, aber … “ oder, wie Alice Weidel sagen würde: „Ich bin nicht queer, sondern ich bin mit einer Frau verheiratet“, sind ermüdend, machen wir uns nichts vor. Die Absurdität, von der es gerade so trieft, bleibt nicht versteckt. Trotzdem scheint es Leute zu geben, die diese nicht sehen. Sicherlich steckt ganz viel Ahnungslosigkeit und Ignoranz dahinter, jedoch ist das keine Rechtfertigung. Versuch mal der Polizei weiszumachen, dass dich keine Schuld trifft, da du ja nicht wusstest, dass es illegal ist, einen Kindergarten auszurauben.

Nein, wir tragen die Verantwortung für unser Handeln, auch wenn uns die Konsequenzen zuvor nicht bewusst waren. Niemand kann einen Bumerang werfen und sich im Nachhinein wundern, wieso dieser zu einem zurückkommt.

Aus Hass wird gezwungenermaßen noch mehr Hass geboren. Ist das eine Welt, in der wir leben wollen? In einer Welt, die geradezu von Hass, Gewalt und Brutalität überzogen ist? Ich kann mit voller Überzeugung sagen: Weder du, noch ich, noch sonst irgendwer mit einem halbwegs gesundem Verstand, will in so einer Welt leben.

Sollten wir uns demnach nicht mit Empathie und Toleranz begegnen, statt mit Parolen wild um uns zu werfen? Memento mori, ist alles, was du in deinem Leben erreicht haben willst, Antipathie zu verbreiten?

Ich sag euch, was ich möchte: Ich möchte in einer Welt leben, in der man andere als gleichgestellt sieht, trotz Verschiedenheiten, in der man einander mit Respekt begegnet, auch wenn einem nicht alles passt, was der andere macht. Ich möchte in Frieden mit den anderen leben. Ich möchte in einer humaneren Welt leben als in dieser.

Doch gerade sehe ich einen Sturm aufziehen, seht ihr ihn auch? Er erstreckt sich über ganz Europa. Er wird großes Chaos anrichten, so viel ist klar.


Charlotte

Ich und die Anderen

Eingesperrt im Gefängnis. Enge Räume mit vielen anderen. Kaum Platz, sich zu bewegen. Nicht mal laufen kann man.

Ich und die Anderen. Das Essen ist schrecklich. Wir dürfen nur essen, damit wir nicht zu früh sterben. Unser Todestag ist bestimmt. Bei manchen noch 10 Jahre. Bei anderen nur noch eins. Wissen, wann wir sterben, tun wir nicht.

Ich und die Anderen. Das Essen schmeckt nach Medizin, damit wir nicht krank werden und sterben. Unser Todestag ist bestimmt. Bei manchen noch 10 Jahre. Bei anderen nur noch eins. Wissen, wann wir sterben, tun wir nicht.

Ich und die Anderen. Unterscheiden tun wir uns nicht. Unsere Namen haben wir schon lange verloren. Für die Wärter sind wir nur noch Nummern.

Die Wärter und die Anderen. Sie behandeln uns wie Gegenstände. Empathie? Kennen sie nicht! Liebe? Kennen sie nicht!

Ich und die Anderen. Sie sagen, hier ist es toll. Sie sagen, alle sind froh. „Die Zellen sind groß genug.“ „Es sind gar nicht so viele Insassen hier.“ Doch uns fragt niemand. Für uns interessiert sich niemand.

Ich und die Anderen. Wir sind so gestresst. Wir sind zu viele. Das führt zu Aggressivität. Biologie 11. Klasse Ökologie. Dichteabhängige Faktoren: Dichtestress.

Aber wir sind doch wie Menschen. Lebewesen, Säugetiere. Tiere! Warum dürfen sie uns so behandeln? Bis zum Tod leben wir in der Hölle, um dann gegessen zu werden. Das Leid ist ihnen egal. „Es schmeckt halt.“ Dafür ruinieren sie tausende Leben. Warum interessiert es sie nicht?

Mein Leben lang eingesperrt. Schreckliche Bedingungen. Damit eine Person für fünf Minuten etwas lecker findet. Sie sagen, sie wollen Frieden. Aber sperren uns ein und foltern uns.

Ich und die Anderen. Wir können doch nichts dafür, wie wir geboren sind.

 


Melissa

Ich und die anderen – Poetry Slam

Ich und die anderen wissen, wie es ist
Wenn man die Zeit vermisst,
Erinnerungen vergisst
und es dich auffrisst nicht mehr zu wissen,
wie es vor einem Jahr war.
Wenn sich die Jahreszeiten ändern
und wir durch unsere Gedanken wandern,
auf einer Reise nach uns selbst.

Wir und die anderen, wir sind alle gleich.
Wir wünschen uns, dass es für immer bleibt.
Nostalgie prägt uns und die Vergangenheit auch,
aber im Endeffekt nimmt das Leben so seinen Lauf.

Ich mit den anderen, so existieren wir auch
und die Zeit mit den anderen hält an,
in der Hoffnung, dass man der Welt ein Stück vergeben kann
und das „Irgendwann“ nicht zu einem „Nie wieder“ wird.

Ich oder die anderen?
Eine Frage, die man sich stellt,
wenn man Entscheidungen fällt und die Erinnerungen verblassen.
Eine Frage, die erwartet Egoismus über andere zu stellen
und manchmal den anderen zu hassen.

Eine Aussage, die voraussetzt, dass man
andere aufhetzt,
sie aussetzt,
oder sich diesen entgegensetzt,
wegen einem Vergleich,
der dich auf das herabsetzt, was du glaubst zu sein.

Ich für andere?
Oder vielleicht ich durch andere?
Vielleicht ich durch bessere
oder schlechtere
oder echtere
oder schwächere?
Manchmal bin ich nur ich durch,
engere, buntere und muntere, reifere und eifere Menschen und manchmal,
sind all diese Bezeichnungen das, was mich zu einem Mosaik aus ihnen macht.

Gäbe es aber ein Ich ohne die anderen?
Trotz all den Fragen, die man hat,
auch bei Hass als größter Macht,
könnte ich nicht ohne die anderen sein.
Ob ohne die anderen oder gegen Unbeschwertheit,
es wäre dasselbe wie ein Leben ohne Leichtigkeit
und vielleicht muss man deswegen nicht warten,
auf den Schnee oder die Sonnenstrahlen,
wenn die Zeit doch das ist, wovon man am meisten hat.

 

 

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