StartAktuell„And all that Jazz“ – MCG-Concert-Band-Proben in Pandemie-Zeiten

„And all that Jazz“ – MCG-Concert-Band-Proben in Pandemie-Zeiten

Das Big Band-Projekt des Marie-Curie-Gymnasiums und der Musikschule Neuss geht auch in Coronazeiten weiter. Eine kleine Reportage von Musiklehrer Jan Ossowicz.

Es ist Donnerstag und kurz vor 18 Uhr. Ich habe alles aufgebaut: Computer, Studiomikrofon, Mischpult. Damit alles technisch einwandfrei läuft, muss ich jetzt noch schnell meinen Rechner mit einem LAN-Kabel an den Router anschließen. „Internet mit Kabel, wie kann das denn gehen?“, fragte mich einmal ein Schüler. Ich spanne das Kabel quer durch die Wohnung und starte auf meinem Mac das Programm Jamulus. Es hat mich einst bei der Einrichtung zwar kaum Geld, aber einige Wutanfälle gekostet. Egal, jetzt klappt es. Es ermöglicht Audiokonferenzen ohne Verzögerungszeit. Tobias ist online und spielt ein wenig auf der Gitarre. Jan und Robert, die Rhythmusboys, sind auch schon online. Amelie kommt dazu. Lottas Name ploppt auf. Wo ist Luisa? Ach da! Nach und nach werden es mehr. Wer noch Probleme hat, sich zu verbinden, bekommt technischen Support von Tobias: „Ich ruf die mal eben an und klär das“. Fast alle da, ich könnte anfangen, aber schon jetzt merke ich: Schulmusik ist noch mehr als Musik, denn alle beginnen zu erzählen. „Hast du gehört, was Frau … heute im Unterricht gesagt hat? Ey, das hab‘ ich so gefeiert.“ „Herr … hat uns heute so viele Aufgaben bei moodle gegeben. Gar nicht nice.“ Ich finde, dass es jetzt Zeit ist, kurz nicht hinzuhören. Schulleben klassen- und stufenübergreifend, das sollte man fördern, oder? Dafür ist Schulmusik da.

Ich setze die Kopfhörer ab, baue meine Trompete auf und spiele mich kurz ein. Danach schalte ich mich wieder dazu und frage, womit wir anfangen wollen. Tobias schlägt „Spinning Wheel” vor. „Spinning Wheel got to go ‚round“ geht mir durch den Kopf, warum nicht? Das erste Probenstück leite ich. Gleich wird mein Kollege Matthias Knoop von der Musikschule Neuss dazukommen. Er hat gerade noch Instrumentalunterricht in Neuss gegeben. Jetzt versucht er mit Über-Gigabit-Geschwindigkeit den Weg von Neuss nach Köln zu schaffen. „Jan am Bass weißt du, wie der Anfang geht? Ich kann ihn mal vorsingen. Du kannst meinen Gesang auch gerne zum Üben aufnehmen, aber bitte niemandem vorspielen.“ Ich singe „Nähmaschine, entweder jubbi da …“ Ich bin als Musikpädagoge vom hohen Nutzen der Rhythmussprache absolut überzeugt, meine Schüler*innen sind es nicht so wirklich. Amelie fragt, ob ich kurz eine Saxofonstelle vorsingen kann. Jetzt singe ich neutral „Dubi dab, didel di da.“ „Ah, danke, ich weiß wieder Bescheid.“ Jan am Schlagzeug wird zu meinem Hilfskapellmeister und spielt zwei Takte vor. Das Stück läuft. Ich freu mich, kaum Verzögerung zu hören und ich nehme eine kräftige Trompete wahr. Hurra, nach Wochen technischer Probleme kann ich Mila hören und was ich da höre, klingt gut geübt! Auf einmal zerrt es in der Leitung. Ich breche kurz ab. Jemand sagt: „Boah Lotta, du bist viel zu laut, geh mal weiter vom Mikrofon weg.“ Aber Lotta hört uns gerade nicht. Den Geräuschen nach zu urteilen, wirft sie jemanden aus ihrem Zimmer. Alle wollen wissen, wer das war. Wir erfahren es nicht. Zu uns kommt gerade mein Kollege Matthias Knoop online.
Zeit für ein anderes Stück und weil Matthias Knoop bei diesem die Leitung übernimmt, spiele ich auf der Trompete mit. Wir proben „Oye Como Va“. Mein Mitspielen ist nicht nötig, denn wir haben Verstärkung bekommen. Tim, der bei uns Saxofon spielt, fragt, ob sein Bruder Ben an der Trompete mitmachen darf. „Na klar.“ So können wir einen Vorteil dieser Online-Proben nutzen, indem wir Geschwister unkompliziert einbinden. Außerdem kann ich jetzt den Refrain singen, aus irgendeinem Grund traut sich das ja sonst niemand.

Und so nimmt die Probe ihren Lauf. Um kurz vor halb acht sind wir mit unseren Stücken durch. Matthias Knoop verabschiedet sich und auch ich kündige an, dass ich gleich raus bin. Einige fragen sich untereinander: „Bleibst du noch etwas drin? Lass noch was sprechen.“ Das ist das Zeichen für mich zu gehen, denn: Schulmusik ist wertvoll für eine gute Schulkultur. Schulmusik entwickelt die Gestaltungskompetenzen der Schüler*innen und differenziert ihre Wahrnehmungs- und Ausdrucksfähigkeit. Durch Schulmusik sollen Schüler*innen Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten entwickeln. Schulmusik ist aber auch immer noch mehr als Musik.

Nachwort: Nein, die erzählte Probe hat nie im Ganzen genauso stattgefunden, aber vieles ist so oder so ähnlich passiert. Ich hoffe, viele schöne Ereignisse kommen noch dazu. Das Schönste wird sein, wenn wir uns alle wieder in einer Offline-Probe sehen und das Noch-mehr-als-Musik gemeinsam erleben werden. [OSS]

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