Die Sonne strahlte, als die Neusser Delegation am Vormittag des 11. Novembers 2023 im belgischen Leuven eintraf. An diesem Tag zeigte sich die Parkabtei wettertechnisch von einer völlig anderen Seite als fünf Jahre zuvor. An jenem Tag – 100 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges – ertönte das 1914 zerstörte Carillon als Friedensglockenspiel wieder.
Auf Einladung des Neusser Bürgermeisters Reiner Breuer nahmen im Jahr 2018 Teilnehmer:innen des damaligen Projektkurses Geschichte gemeinsam mit ihrer Lehrerin Annika Dötsch an den Feierlichkeiten und Gedenkveranstaltungen zum Waffenstillstand in Leuven teil.
Während des gesamten Schuljahres hatten sich die Schüler:innen des Projektkurses in enger Zusammenarbeit mit dem Neusser Stadtarchiv mit der belgisch-deutschen Geschichte zwischen 1914 und 1926 auseinandergesetzt. Diese historische Forschungsarbeit war Teil eines Kooperationsprojektes mit Schüler:innen des Sint-Pieterscolleges in Leuven.
Auch hatte sich das Marie-Curie-Gymnasium an dem Fundraising-Projekt um das so genannte Friedensglockenspiel beteiligt. Zum 5. Jahrestag reiste nun unter der Führung der stellvertretenden Bürgermeisterin Gisela Hohlmann und Ursula Platen, die Beigeordnete für Schule, Bildung und Kultur erneut eine Delegation nach Leuven.
In Empfang genommen wurden die Neusser Gäste von Luc Rombouts, Glockenspieler an der Universität Leuven und der Parkabtei sowie Kurator von „Carillonkultur Leuven“.
Beim gemeinsamen Mittagessen in der Abteimühle erinnerte Bert Cornillie, Kulturabgeordneter der Stadt Leuven, an die Genese der Kulturpartnerschaft zwischen beiden Städten, die einst begründet und nun neubelebt werden soll.
Anschließend fand die Jubiläumsfeier in der Abteikirche statt. Nach offiziellen Grußworten seitens Bert Cornillie und Gisela Hohlmann hielt Frau Prof. Dr. Gisèle Gantois (Universität Leuven) einen Vortrag unter dem Titel „Space for Memory – Memory of Places“. Anschließend hatte die Geschichtslehrerin Annika Dötsch für das MCG die Gelegenheit vom einstigen Kooperationsprojekt zwischen den Stadtarchiven, dem Sint-Pieterscollege und dem Marie- Curie-Gymnasium als Praxisbeispiel für Zusammenarbeit berichten zu können.
In diesem Zusammenhang erzählte sie auch von dem Kennenlernen mit dem Ausnahmemusiker Luc Rombouts, der sich damals Zeit für eine persönliche Führung durch die 1914 zerstörte Universitätsbibliothek samt Glockenturm genommen hatte.
Zum krönenden Abschluss kamen die Neusser Gäste in den Genuss eines kleinen Privatkonzertes, bei dem u.a. John Lennons „Imagine“ über den Dächern Leuvens erklang.
Nach kurzer Einweisung hatte ein musikaffiner Teilnehmer gemeinsam mit Luc Rombouts Carillon gespielt. Frau Dötsch würdigte in ihrer Rede dieses gemeinsame Musizieren vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse rückblickend als magisch.
Darüber hinaus ließ sie auch die ehemaligen Kursteilnehmer:innen durch Zitate indirekt zu Wort kommen. Der Krieg in der Ukraine zeige, dass Krieg das Schlimmste sei, was der Menschheit passieren könne. Dabei nannte ein Schüler, inzwischen angehender Architekt, explizit auch die Zerstörung von Kulturgütern wie einst in Leuven. Vor diesem Hintergrund sei ein Friedensprojekt wie das zwischen den Städten Leuven und Neuss von unschätzbarem Wert. Die aktuellen Ereignisse würden unterstreichen, wie wichtig die historische Aufarbeitung und das gemeinsame Erinnern sei.
Das anschließende Duokonzert auf dem Friedensglockenspiel von Luk Rombouts und der Sopranistin Noémie Schellens sorgten mit „Ode an die Freude“ (Ludwig van Beethoven), „Imagine“ (John Lennon) und „Over the Rainbow“ (Harold Arlen) für weitere Gänsehautmomente.
Vor dem Hintergrund der Kriege im Nahen Osten und der Ukraine wurde angeleitet durch die Sopranistin Schellens und begleitet durch weitere Musiker im Neerhof der Parkabtei bei Kerzenlicht gemeinsam für den Frieden gesungen. Auch hier durfte „Imagine“ natürlich nicht fehlen.
Zu dieser besonderen Friedensinitiative erschienen neben den Gästen der Jubiläumsfeier auch viele Bürger Leuvens, vor allem junge Familien. Die außergewöhnliche Atmosphäre vor Ort wird allen Teilnehmer:innen sicherlich in nachhaltiger Erinnerung bleiben.
[DÖT]