Das Förderprogramm der Europäischen Kommission für den Bildungsbereich, Erasmus+, nennt als eines seiner primären Förderziele die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Bildungsraums. Damit dieser Realität werden kann, ist es nötig, das Schüler:innen und Lehrer:innen die Lernräume anderer europäischer Staaten kennen lernen und das soziale und pädagogische Miteinander zwischen Schülerschaft und Lehrerschaft erleben sowie auch die didaktischen und fachlichen Arbeitsweisen des Lehrpersonals erfahren dürfen.
Aus diesem Grunde ermöglicht das Programm Erasmus+ den Lehrerinnen und Lehrern eine Hospitation im europäischen Ausland, bei der man einen authentischen Einblick in das Schulsystem des Landes erhält. Dabei sollen vor allem Arbeitsweisen betrachtet werden, die der Entwicklung der eigenen Schule dienlich sind und die eine Perspektiverweiterung in Bezug auf das eigene professionelle Handeln ermöglichen.
Somit durfte ich vom 06.03.23-10.03.23 ein job shadowing an der IES Alonso Pérez Díaz in Santa Cruz de La Palma absolvieren. Die Schule ist in einem ehemaligen Klostergebäude untergebracht und ist der Bildungsort für ca. 550 Schüler:innen und der Arbeitsplatz von ca. 50 Lehrkräften. Die Schule ist eine allgemeinbildende Schule und im Gegensatz zum deutschen Bildungssystem werden die Lernenden nicht nach Leistungsstand verschiedenen Schulformen zugewiesen, sondern man lernt bis zur zehnten Klasse gemeinsam, danach entscheiden sich die Jugendlichen für die Fortsetzung der Schullaufbahn und bereiten sich auf das Abitur vor oder sie entscheiden sich für eine Berufsausbildung. Eine weitere Besonderheit ist, dass die Schule inklusiv ist und sie somit auch für Schüler.innen mit besonderen Bedürfnissen eine gute Lernumgebung bietet.
Besonders beeindruckend war der Umgang der Lehrer:innen mit den Schüler:innen, da er jenseits des professionellen Miteinanders auch die persönliche Entwicklung der Jugendlichen in besonderer Weise berücksichtigt hat. Ein klassischer Schultag dauert an der IES Alonso Pérez Díaz von 8:00 Uhr – 14:00 Uhr. Besondere Wertschätzung im kanarischen Bildungssystem erfährt die Allgemeinbildung, die gesellschaftliche Entwicklung und das kulturelle Erbe. Dies zeigt sich vor allem darin, dass regelmäßig außerschulische Aktivitäten zu diesen Themen stattfinden. Während meines Aufenthaltes an der Schule wurde beispielsweise der Frauentag gefeiert und zwar in Form von Interviews mit Wissenschaftlerinnen, Themenschwerpunkten dazu im Unterricht, Informationsplakaten und weiteren Projektarbeiten. Des Weiteren wurde der St. Patricks Day vorbereitet, der auf der Insel dazu genutzt wird, um einen irischen Ehrenbürger La Palmas, Dionisio O´Daly, zu würdigen, der den Handel der Insel weiterentwickelt hat und einen wesentlichen Beitrag dazu geliefert hat, dass die Inselregierung frei gewählt werden konnte und somit zum Vorbild für andere Regionen Spaniens wurde.
Besonders schön waren die Stunden, in denen ich als kultureller Botschafter fungieren konnte und im Deutschunterricht einen Vortrag über NRW halten und anschließend ein Quiz mit den Schüler:innen dazu durchführen konnte. Auch die Kommunikationsübungen, die ich mit den Jugendlichen durchführen durfte, waren eine schöne Erfahrung. Mein Dank gilt hier der Deutschkollegin, Carla Vega Rodríguez, die mich in ihren Unterricht einlud.
Für die schulische Weiterentwicklung waren vor allem die Gespräche mit Frau María Goretti García Díaz sehr wertvoll, die mir einen detaillierten Einblick in die schulinterne Projektplanung im Bereich Nachhaltigkeit und Umweltschutz gewährt hat und mich sehr freundlich und kompetent beraten hat. Dieses Wissen gilt es nun bei uns in die Schulgemeinschaft zu integrieren.
Im Bereich der Digitalisierung konnte ich an der Schule eine App kennen lernen, die sowohl die Kommunikation zwischen Lehrer:innen und Eltern sowie Schüler:innen ermöglichte als auch als Datenbank für Schülerinformationen fungierte. Durch dieses Tool wurde der Arbeitsalltag der Lehrer:innen immens entlastet, so dass mehr Zeit für die pädagogische Arbeit blieb.
Die Hospitationswoche verging leider im Handumdrehen und wird trotzdem nachhaltig in meiner weiteren pädagogischen Arbeit fortwirken und auch im Rahmen meiner Präsentation der Beobachtungen des job shadowings im Arbeitskreis Erasmus+.
Mein großer Dank gilt der Schulleitung der IES Alonso Pérez Diaz, Herrn Jesús Javier González Padilla, der mich an seine Schule eingeladen hat und nimmer ein offenes Ohr für meine Anliegen hatte und vor allem Herrn Victor Manuel Luis Pérez, der den Kontakt zur Schule herstellte und dessen „Schatten“ ich beim job shadowing sein durfte, der alles für mich organsierte und mich Anteil haben ließ an seiner Berufswelt sowie seinem professionellen Wissen. Zuletzt darf ich mich beim gesamten Kollegium der Schule bedanken, das mir mit viel Offenheit begegnete und sich auf alle meine Fragen einließ.
Nun bleibt der große Wunsch im Raum, dass dies der nur der erste Schritt am MCG war, sich in den europäischen Bildungsraum zu wagen und dass in den nächsten Jahren viele Kolleginnen und Kollegen die nächsten Schritte gehen werden, um eine andere Perspektive auf die schulische Arbeit zu gewinnen und um möglichst viele neue Anregungen ins Kollegium zu tragen.
[DWO]